Auswandern Schweiz: Erfahrungsbericht von Luca H.

Name:
Luca
Wohnkanton:
Tessin
Ausgewandert in:
2016
Meine Tipps für Auswanderer
Wenn ihr einigermaßen flexibel seid und nicht unbedingt auf euren Partner oder gar Kinder achten müsst, könnt ihr nichts verlieren. Probiert es einfach, bereitet euch aber so gut es geht vor. Bedeutet: Informiert euch über die positiven Seiten, bedenkt aber auch etwaige Schwierigkeiten. Im Zweifel solltet ihr euch beraten lassen und Unterstützung beanspruchen.

Auswandern Schweiz: Erfahrungsbericht von Luca H.
Luca, stelle Dich unseren Lesern doch kurz vor und verrate uns, wann und wieso es Dich in die Schweiz gezogen hat.
Ich bin Luca, 1990 geboren und 2016 in die Schweiz gezogen. Gebürtig stamme ich aus dem Norden Deutschlands, bin aber nach der Schule in den Süden gezogen, um dort in der Gastronomie zu arbeiten. Und von dort bin ich dann wie gesagt in die Schweiz. Hier habe ich zunächst auch als Angestellter in der Gastro gearbeitet, mich mittlerweile jedoch selbstständig gemacht.
Was hat Dich 2016 dazu bewogen, in die Schweiz zu ziehen?
Ich bin dem Umziehen grundlegend offen gegenüber eingestellt und schaue immer, wo ich den nächsten Schritt machen kann. Als Servicekraft ist man da recht flexibel. Tatsächlich bin ich im Internet über die Verdienstmöglichkeiten in der Schweiz gestolpert und habe es dann einfach gemacht. Ich muss aber zugeben, dass ich die hohen Lebenshaltungskosten nicht unbedingt einkalkuliert habe. Trotzdem hat es geklappt. Bereuen tue ich es nicht.
Wie ging es mit der Auswanderung vonstatten - hattest Du schon einen neuen Job in der Schweiz oder bist Du “auf gut Glück” hin?
Also ich habe jetzt nicht einfach in Deutschland alles gekündigt und bin dann in die Schweiz. Zunächst habe ich geschaut, wo es ein entsprechendes Angebot gibt und wo es schön ist. Ich habe mich hier für das Tessin entschieden, also die italienischsprachige Schweiz.
Gab es da keine Sprachbarrieren?
Nicht wirklich. Ich muss dazu sagen, dass meine Mutter Italienerin ist und ich zwar in Deutschland aufgewachsen bin, aber ziemlich anständig Italienisch spreche. Da gab es also keine Probleme.
Okay, wie ging es dann weiter?
Mehr oder weniger habe ich einen kleinen Urlaub dort gemacht - mir eine Ferienwohnung genommen und habe ein paar Lokale “abgeklappert”. Ruck zuck hatte ich eine Zusage zum Probearbeiten. Das habe ich dann noch während meines “Urlaubs” erledigt und eine Zusage erhalten. Mit dieser Zusage im Gepäck bin ich dann nach Deutschland zurück und habe dort alles in die Wege geleitet. Das war recht unkompliziert, da es für meine kleine 1-Zimmer-Wohnung in München genügend Interessenten gab. Ich brauchte also nicht irgendwie bis zum Ende der Kündigungsfrist Miete weiterzahlen. Auto hatte ich damals keins. Als nächstes habe ich mich in München beim Einwohnermeldeamt abgemeldet, mich mit zwei großen Koffern in den Zug gesetzt und bin los.
Hattest Du denn schon eine neue Wohnung in der Schweiz und musstest Du sonst nichts aus der alten Wohnung mitnehmen?
Stimmt, das habe ich vergessen zu erwähnen. Ich habe als ich die Zusage für den Job erhalten habe, auch gleichzeitig einen Mietvertrag für eine Art Personalwohnung unterschrieben. Die Möbel aus dem Zimmer in München hat mein Nachmieter übernommen. Da war jetzt nicht groß was Besonders drin. Das war uns beiden ziemlich recht.
Was ist mit Krankenkasse und Co.? Hast Du das noch in Deutschland gemacht oder erst als Du in der Schweiz warst?
Um ehrlich zu sein, erst als ich in der Schweiz war. Ich habe einfach online die Prämien verglichen und mir eine Offerte für ein günstiges Modell besorgt. Das war ziemlich unkompliziert. Die Versicherungspflicht in Deutschland endet ja ohnehin mit der Ausreise. Da gab es also keinen großen Handlungsbedarf. Bei der Aufenthaltsgenehmigung habe ich mich von meinem neuen Arbeitgeber beraten lassen. Die musste ich mir noch vor Beginn des Jobs besorgen. Das war aber kein Problem, da ich sowohl einen Mietvertrag als auch einen Arbeitsvertrag in der Tasche hatte.
Hast Du direkt weitere Versicherungen abgeschlossen, wie lief das mit Handyvertrag und so weiter - nimm uns ein wenig mit.
Also was Vorsorgelösungen und so betrifft, das kam erst später. Das ist total wichtig, aber da habe ich mir 2016 nicht direkt Gedanken gemacht. Das kam dann, als ich mich selbständig gemacht und mich im Zuge dessen mit ganz vielen Dingen beschäftigt habe. Mein Konto hatte ich zunächst noch in Deutschland, bin dann aber recht schnell zu einer Schweizer Bank gewechselt. Gleiches gilt für den Handyvertrag.
Heute bist Du selbstständig. Wie kam es dazu?
Ja genau, da kam eins zum anderen. Ich bin ja wie gesagt 2016 ausgewandert und dann ging das 2020 mit Corona los. Die Auswirkungen auf die Gastro sind ja hinlängst bekannt. Ich habe dann mit einem Bekannten, auch aus der Gastro, überlegt, was man machen kann. Wir sind recht schnell aufs Thema Lieferdienst gekommen. Zwar hat unser damaliger Arbeitgeber das auch angeboten, aber wir wollten uns unabhängig machen - also auf eigenen Beinen stehen und nicht mehr vom Geschäft des Arbeitgebers abhängig sein. Mit unserem Ersparten haben wir uns eine kleine “Küche” gemietet, eine Website aufsetzen lassen und einfach gestartet. Unser Angebot richtet sich natürlich eher an die Einheimischen und nicht so sehr an die Touris.
Läuft das Geschäft oder gab es bereits Schwierigkeiten?
Da wir fast alles selber machen, wir keinen Gastraum unterhalten, also wirklich nur liefern, und mittlerweile nur zwei Küchenhilfen und unsere Auslieferungsfahrer bezahlen müssen, sind die Ausgaben relativ gering - jedenfalls im Vergleich zu einem klassischen Restaurant oder so. Deshalb läuft es aktuell so weit. Natürlich muss man sehen, wie es weitergeht, aber wir wollen definitiv weitermachen und bestenfalls sogar wachsen.
Wie war das mit der Gründung: War das kompliziert und welche Rechtsform habt ihr gewählt?
Wir sind aktuell eine Kollektivgesellschaft, bestehend aus mir und meinem Geschäftspartner. Der Gründungsprozess war unkompliziert und es war auch kein Stammkapital notwendig. Wir haben einen Gesellschaftsvertrag aufgesetzt, uns im Handelsregister eintragen lassen und uns bei der Ausgleichskasse angemeldet. Das war es mehr oder weniger, abgesehen von der Anmeldung zur Umsatzsteuer.
Hattet ihr direkt Angestellte?
Ganz am Anfang hatten wir keine Angestellten, mussten uns also da um nichts kümmern. Ich habe ausgeliefert, mein Partner gekocht. Aber das ging schon nach etwa drei Monaten nicht mehr, dann mussten wir Leute einstellen. Jetzt haben wir noch Leute für die Küche und die Auslieferung. Da mussten wir uns aber erst einmal reinfuchsen. Die Arbeitnehmer müssen ja sowohl bei der Ausgleichskasse als auch bei der Pensionskasse gemeldet werden. Die Buchhaltung mache ich bislang grösstenteils selber und bereits das alles für unseren Steuerberater vor.
Reicht das Geld zum Leben? Du hast die hohen Kosten in der Schweiz im Vergleich zu Deutschland angesprochen.
Also ich wohne mit meiner Freundin, die ich hier kennengelernt habe, zusammen. Das rechnet sich natürlich total. Der Preis ist recht happig, da wir nicht ganz auf einen gewissen Standard verzichten möchten, aber geteiltes Leid ist eben halbes Leid. Und meine Freundin verdient in ihrem Job auch ein ordentliches Schweizer Gehalt. Also das Geld reicht definitiv. Bei mir gibt es zwar mehr Schwankungen wegen der Selbstständigkeit, aber letztlich empfinde ich die Schweiz für mich als finanziell deutlich sicherer als Deutschland. Wenn alle Stricke reißen, lasse ich mich wieder anstellen. Aber momentan verdiene ich sogar mehr als anders.
Hast Du bzw. habt ihr euch direkt gegen etwaige Probleme abgesichert - vor allem was die Selbstständigkeit betrifft?
Ja, ich bin grundlegend jemand, der sich immer etwas Geld auf Seite legt. Anders hätten wir mit dem Laden gar nicht starten können. Ich habe immer recht sparsam gelebt. Aber so als Selbstständiger reicht das natürlich nicht. Ich habe mich wieder im Netz informiert und dann entsprechende Vorsorgelösungen abgeschlossen.
Was genau war für Dich wichtig?
Was die direkte Absicherung betrifft, habe ich mich für eine Taggeldversicherung entschieden. Ansonsten spare ich noch was in der Säule 3a ein, da ich nichts in die Pensionskasse einzahle. Als Ergänzung habe ich noch eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung. Und klar, eine Rechtsschutz auch - das ist natürlich ganz wichtig.
Kannst Du Dir vorstellen, jemals wieder zurück nach Deutschland zu gehen?
Nein, aktuell bin ich hier wirklich glücklich. Ich wohne natürlich auch in einer super schönen Gegend. Die meisten Gegenden der Schweiz sind schön, aber hier unten ist es schon echt mega. Sowohl landschaftlich als auch beruflich und privat ist alles tutto bene. Trotzdem besuche ich meine Eltern und alten Bekannten in Deutschland häufig. Allerdings habe ich das Gefühl, dass sie mich noch viel lieber hier besuchen.
Meine Tipps für Auswanderer
Wenn ihr einigermaßen flexibel seid und nicht unbedingt auf euren Partner oder gar Kinder achten müsst, könnt ihr nichts verlieren. Probiert es einfach, bereitet euch aber so gut es geht vor. Bedeutet: Informiert euch über die positiven Seiten, bedenkt aber auch etwaige Schwierigkeiten. Im Zweifel solltet ihr euch beraten lassen und Unterstützung beanspruchen.