Weit über 300.000 Menschen pendeln in die Schweiz, um hier zu arbeiten. Davon waren im Jahr 2020 18,1 % Deutsche. Bei den Österreichern liegt der Anteil bei gerade einmal 2,5 %. Die meisten Grenzgänger stammen aus Frankreich und Italien (aktuelle Zahlen von Statista). Fokussieren wollen wir uns in diesem Beitrag aber auf die deutschen Grenzgänger. Denn diese stehen oft vor der Frage, ob eine deutsche GKV bzw. PKV oder die Schweizer Krankenversicherung besser für ihre jeweilige Lebenssituation geeignet ist.
Optionsrecht für deutsche Grenzgänger
Wer in Deutschland wohnt und in der Schweiz arbeitet, hat drei Monate (ab Arbeitsbeginn) Zeit, sich für eine deutsche Versicherung (privat oder gesetzlich) oder eben das Schweizer Krankenkassensystem zu entscheiden. Und es sprechen viele Gründe dafür, sich einer Schweizer Krankenversicherung im Grenzgängermodell anzuschliessen – jedenfalls dann, wenn der Job von Dauer ist und das Einkommen im durchschnittlichen oder sogar überdurchschnittlichen Bereich liegt. Bedenken Sie: Die Löhne in der Schweiz liegen deutlich über denen in Deutschland.
Einkommensunabhängige Prämien
Der wohl grösste Vorteil des Schweizer Systems ist, dass die obligatorische Grundversicherung (obligatorisch = gesetzlich vorgeschrieben) die Prämien (Beiträge) unabhängig vom Einkommen erhebt. Im Vergleich: Die gesetzliche Krankenversicherung in Deutschland verlangt 14,6 % des relevanten Einkommens. Die Prämien in der Schweiz liegen durchschnittlich bei 315 Franken monatlich – abhängig von Alter, Wohnort, Geschlecht und einer Reihe weiterer Faktoren.
Leistungen in Deutschland und der Schweiz
- Mit dem Grenzgängermodell werden Behandlungskosten in der Schweiz und in Deutschland übernommen.
- Ein absoluter Mehrwert: Versicherte können frei wählen, wo sie sich behandeln lassen möchten. In der Schweiz werden die Leistungen nach dem Schweizer Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) übernommen. In Deutschland gilt das Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) als Grundlage.
- So werden in Deutschland unter anderem Kosten für zahlreiche Behandlungen beim Zahnarzt erstattet – in der Schweiz hingegen nicht. Hier benötigen Sie im Zweifel eine Zahnzusatzversicherung.
Getrenntes Optionsrecht für Familien
Anders als in Deutschland gibt es in der Schweiz keine direkte Familienversicherung. Ein Nachteil? Nicht unbedingt! Familienangehörige von Grenzgängern können vom Optionsrecht zur Befreiung von der Krankenversicherungspflicht in der Schweiz Gebrauch machen und damit der “Pro-Kopf-Versicherung” in der Schweiz “entkommen”. Partner und Kinder geniessen damit weiter die Vorteile der deutschen Familienversicherung.
Wichtig: Die Familienangehörigen des Grenzgängers werden als separate Einheit betrachtet – sie müssen sich also alle zusammen für eine Variante entscheiden.
Grenzgängermodell: Wie läuft das ab?
Wer von seinem Optionsrecht Gebrauch macht und eine Schweizer Krankenversicherung abschliesst, erhält von dieser einen Versicherungsschein, eine Chip-Karte und das sogenannte Formular E106.
Dieses Formular müssen Versicherte dann an eine deutsche GKV ihrer Wahl weiterleiten, welche daraufhin als „Aushilfkasse“ für sämtliche Behandlungen in Deutschland einspringt. Die Kostenübernahme erfolgt gemäss Sachleistungsprinzip.
Die Vorteile des Grenzgängermodells auf einen Blick:
- Beiträge (Prämien) nicht vom Einkommen abhängig
- Beiträge meist günstiger als in der deutschen GKV
- Behandlungen in Deutschland und der Schweiz möglich
- Recht auf vollständige Rückkehr in die deutsche GKV
- Kündigung der Schweizer Krankenkasse jährlich zum 31. Dezember möglich